Puh – das war ein Brett. 42,2 km durch den Schnee mit Temperaturen zwischen -13 und -5 Grad. Ich gestehe, dass ich den Marathon unterschätzt habe.

Meine Lauffreundin Astrid und ich hatten uns bereits vor einiger Zeit zum Trainingsmarathon am 13.02.2021 verabredet. Als der Tag heranrückte, rückte auch Gisela mit ihren Tiefsttemperaturen und ihrem Schnee heran. Die Woche über haben wir noch hin und her geschrieben, ob wir eine Planänderung anstreben. Die einzige Änderung betraf dann die Strecke. Statt in tief verschneites Gebiet (Richtung Velmerstot) zu laufen, entschieden wir uns rund um Paderborn zu laufen, um so immer die Möglichkeit zu haben, die Strecke abzukürzen, falls uns zu kalt war. Und ehrlich gesagt, war das vorher meine einzige Sorge: Dass mir zu kalt sein könnte. Also habe ich meinen Kleiderschrank nach Winterklamotten durchforstet – das Ergebnis war so mittelmäßig – also musste der Kleiderschrank des Göttergatten auch noch heranhalten. Gesagt – getan und anschließend lagen 6 Schichten Oberbekleidung parat. Meine Umfrage auf Insta ergab, dass mich die Hälfte der Leser für irre hielten… aber egal… Ich bin echt eine Frostbeule und friere total schnell, wenn ich zu wenig anhabe. Also habe ich es tatsächlich geschafft, mich in 6 Schichten Oberbekleidung zu werfen. Untenrum gab es: Strumpfhose, Skiunterwäsche, 2 Paar Socken, Winter-Laufhose und kurze Hose drüber.

So eingemummelt ging es also los.

Wir haben sehr schnell festgestellt, dass die Kälte gar nicht das Problem ist. Ganz im Gegenteil – es war richtig, richtig schön. Die Sonne schien und die schneebedeckte Landschaft sah einfach nur wundervoll aus. Oben auf dem Monte Scherbelino angekommen, haben wir ein paar Fotos geschossen. Einfach weil es soooo toll aussah. Und auch später mussten wir immer mal wieder anhalten, um diese unglaubliche Schneelandschaft festzuhalten. Vom Monte ging es runter Richtung Borchen, von dort nach Wewer und Richtung Salzkotten.






Wir hatten uns vorgenommen unter 6 Stunden zu bleiben, also hatten wir für jeweils 7 km eine Stunde Zeit. Diese Rechnung ging für die erste Hälfte auch richtig gut auf. Kurz vor Salzkotten sind wir noch durch ein sehr schneebedecktes Waldstück gestapft und wir waren so froh, dass wir uns entschieden haben, keine Tour durch den Wald zu laufen. Das Laufen auf dem Schnee ist eh schon anstrengender als normal zu laufen, aber durch richtig hohen Schnee wird es schnell anstrengend.

Also haben wir für die Verhältnisse wirklich eine gute Strecke ausgewählt. Meistens ging es auf platt getretenem Schnee entlang. Da konnte man wirklich prima drauf laufen und zügig gehen. Diese Kombi klappte für die ersten 18 km richtig gut. Dann habe ich gemerkt, dass mich das Laufen in der Kälte und auf dem Schnee doch ziemlich anstrengt. Außerdem gab es kleine Nebenwirkung von meinen 6 Schichten Kleidung – mein linker Arm wurde etwas abgedrückt und schmerzte etwas. Das mir beim Laufen der Arm schmerzt habe ich nun wirklich selten. 😉 Nungut. Die Füße waren in Ordnung. Ich merkte jedoch insgesamt, dass ich echt schneller schlapper wurde. Und so wurden die Gehphasen länger und länger. Ein ganz herzliches Dankeschön an Astrid, dass sie mit mir mitgegangen ist.
Zwischendurch hatten wir Überlegungen, ob wir nicht abkürzen wollen. Aber irgendwie wollte ich nicht. Klar, 30 km durch den Schnee wären auch eine tolle Tour gewesen, aber Marathon bleibt einfach Marathon. Was will man da machen. Ich bekomme es sehr schlecht aus dem Kopf und auch wenn es kein offizieller Lauf ist – es fühlte sich wie ein DNF (Did not finished) an. Und ehrlich gesagt, dafür ging es mir nicht schlecht genug. 😉 Ich konnte halt nur nicht mehr viel laufen. Schnell marschieren war problemlos. Und so sind wir von Salzkotten Richtung Scharmede, dann Richtung Sande zum Lippesee. Hier hatten wir so etwa 32 km auf der Uhr. Zwischendurch kam noch ein Zeichen – ein Baum, der eindeutig unser Ziel anzeigte:

Am Lippesee war natürlich ordentlich was los – viele Spaziergänger waren auf den Beinen und haben auch das herrliche Wetter genossen. Also ging es im Slalom um alle herum und wir waren froh, als wir dann Richtung Schloss Neuhaus abbiegen konnten. Nun war es eigentlich nicht mehr weit, doch für mich fühlte es sich noch eeeeewig an. Nun war abbrechen wirklich keine Option mehr. Am Padersee angekommen waren es 33,5 km – also noch 8,7 km bis zur goldenen Zahl von 42,2 km. Hier haben wir uns verabschiedet, weil mein Tempo noch langsamer wurde und Astrid noch sehr locker laufen konnte. Ich finde, das macht eine Lauffreundschaft auch echt aus, dass man einen anderen Weg findet als alles bis zum bitteren Ende durchzuziehen. Also noch ein Abschiedsfoto:

Tja und dann kam für mich der härteste Teil. Der direkte Weg wären noch so 7 km gewesen, also musste ich mir noch ein paar Schleifen überlegen, um am Ende auch tatsächlich auf die Marathondistanz zu kommen. Mit einem vernebelten Gehirn (und das Gehirn ist vernebelt, nach über 30 km laufen/wandern) habe ich mir versucht eine Strecke zurecht zu legen. Das hat interessanterweise wieder ganz gut geklappt. Da ich mittlerweile in der Stadt war, konnte ich mich über frei geräumte Wege freuen. Das hat wirklich gut getan. Das Laufen auf dem Schnee geht total in die Leisten und interessanterweise in den Rücken. Das sind auch die Stellen, an denen ich anschließend etwas Muskelkater hatte.
Im gefühlten Schneckentempo (bei dem ich allerdings immer noch schneller als die meisten Spaziergänger war) ging es also weiter. Einen Schritt nach dem anderen. Manchmal stellt mir jemand die Frage, wie ich eine solche Distanz schaffe. Meine Antwort ist meistens: einfach loslaufen und einen Schritt nach dem anderen Laufen. Irgendwann kommt man an. Und so war es auch bei diesem Marathon. Ok – die letzten 2 km habe ich von unserem Sofa fantasiert. Ich habe mir ausgemalt wie ich nach Hause komme, umziehe, duschen zum aufwärmen und dann aufs Sofa. Ich bin das nur noch durchgegangen in meinem Kopf. 😉 Und das hat geholfen. Nach 6:17 und 42,3 km war ich endlich zu Hause. Es war so herrlich diese vielen Lagen Klamotten auszuziehen. Und jaaaa, das Sofa war noch besser als in meiner Fantasie. Geschafft!
Würde ich es nochmal tun? Jaaaaa! Ich bin so stolz drauf, dass ich es geschafft habe! WErde ich in 6 Wochen den Supermarathon zu Hause laufen (73,9 km) – ganz klares: NEIN! Schon während des Laufes haben Astrid und ich besprochen, dass wir unsere – für mich sehr ambitionierten Ziele – etwas herunterschrauben werden. Wir werden noch längere Läufe machen, aber der Supermarathon wird es nicht sein. Ich möchte nun erstmal wieder etwas zügiger werden – auch auf den langen Läufen. Klar – ein Marathon in letztendlich 6:17 Stunden bei dem Schnee ist eine Superleistung. Ohne Frage. Dennoch weiß ich, dass ich eigentlich auch schneller laufen kann und auch in einem Wohlfühltempo von 7 Minuten / km. Und da möchte ich erstmal wieder hinkommen, bevor ich mir wieder große Ziele vornehmen. Also ein Schritt nach dem anderen. 🙂
Astrid und ich haben den Marathon als Spendenlauf durchgeführt und so gehen jeweils 42 € an die Deutsche Duchenne Stiftung (https://www.duchenne-deutschland.de/) und an L(i)ebenswert – Menschen mit Downsyndrom e.V. (http://www.lebenswert-liebenswert.de/)